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Nachhaltigkeitsdimensionen der Wasserstoffproduktion in Ländern des Globalen Südens

Ansätze | Kriterien | Diskurse

Wasserstoff und Power-to-X (PTX) Produkte werden ein wichtiges Element der Energiewende sein. Um unsere Klimaziele zu erreichen, brauchen wir in Deutschland laut Bundesregierung 95 bis 130 TWh Wasserstoff bis 2030. Mehr als die Hälfte dieses Bedarfs wird voraussichtlich aus dem Ausland kommen. Die Nationale Wasserstoffstrategie geht von rund 50 – 70% aus (BMWK 2023). Und damit steht Deutschland nicht alleine da: Die Europäische Wasserstoffstrategie geht von einen Importbedarf von ca. 50% aus und auch Länder wie Japan bekunden bereits hohe Importbedarfe (Europäisches Parlament 2021; adelphi 2021). Kurz: Internationale Importstrukturen werden ein zentraler Bestandteil des künftigen globalen Wasserstoff- bzw. PTX-Markt sein.

Mit der Produktion verlagern sich auch die Effekte – positive wie negative – ins Ausland, die bei der Herstellung von PTX-Produkten anfallen. Je mehr PTX‑Projekte in der Pipeline stehen und Energiepartnerschaften mit Ländern weltweit abgeschlossen werden, desto mehr rücken auch diese Effekte in den Fokus der politischen Debatte. Die Forderung: Wasserstoff sollte nicht nur klimaneutral, d.h. emissionsfrei, sondern auch nachhaltig sein. Das betrifft nicht nur den CO2-Fußabdruck von PTX-Produkten, sondern auch Inputs wie Strom aus Erneuerbaren Energien, Wasser- und Landressourcen sowie lokale Wertschöpfung und Teilhabe vor Ort.

Werden diese Dimensionen bei der Projektplanung nicht ausreichend berücksichtigt, kann dies zu negativen Folgen für die Umwelt und die lokale Bevölkerung und damit zu erheblichen Konflikten führen. Tatsächlich sind realisierte PTX-Projekte noch immer selten, daher gibt es hierzu (fast) keine Erfahrungen. Ein Bericht der Heinrich-Böll-Stiftung und Brot für die Welt berichtet jedoch von Konflikten zwischen lokalen Stakeholdern und Großprojekten für EE, die auch für zukünftige PTX-Projekte vorstellbar sind. Beispiele wie vom Noor Ouarzazate Solar Project in Marokko oder dem Kinangop Wind Park in Kenya zeigen welche Risiken insbesondere für ländliche Gruppen bestehen: Sie finden sich in benachteiligten Verhandlungspositionen wieder, sind nicht ausreichend oder gar nicht in der Projektplanung berücksichtigt, ihre landwirtschaftlichen Aktivitäten und kulturelle Identitäten werden verdrängt. Gleichzeitig gibt es aber auch Fälle, in denen lokale Gemeinschaften von (ausländischen) EE-Projekten profitiert haben und z.B. traditionelle Weidewirtschaftsformen unter neu errichteten Windparks parallel und produktiv weiter bestehen konnten.

Genauso wie die Zahl der PTX-Projekte und Energiepartnerschaften, nimmt auch die Zahl der Studien und Akteur:innen in der politischen Debatte zu Nachhaltigkeitskriterien von PTX-Produkten rapide zu – und damit auch die Vielfalt an Informationen, Standpunkten, Ansätzen und Forderungen geprägt von den unterschiedlichsten wirtschaftlichen und politischen Interessen. Zentral dabei sollte die Perspektive der Produktionsländer und Akteur:innen sein, die sich vor Ort mit den Effekten von PTX-Projekten auseinander setzen werden. Genau diese Perspektive ist Ausgangspunkt unseres Projektes „Nachhaltigkeitsdimensionen der Wasserstoffproduktion in Ländern des Globalen Südens - Ansätze | Kriterien | Diskurse“, gefördert von der AMBER Foundation.

In einer Kurzstudie wollen wir den Stand und die Bandbreite der aktuellen politischen Debatte zu Nachhaltigkeitskriterien von PTX-Produkten einfangen und diskutieren. Damit wollen wir sowohl Ansätze in dem Themenfeld, aber auch „blinde Flecken“ aufzeigen. Im Projekt stellen wir folgende Fragen:

  • Aktueller Stand & Bandbreite der Debatte: Welche Nachhaltigkeitsaspekte sind zentral aus Perspektive von Ländern des Globalen Südens? Wie werden Nachhaltigkeitskriterien in aktuellen oder geplanten Regulierungen und/oder Zertifizierungen adressiert? Welche Standpunkte und Forderungen bestehen darüber hinaus in der politischen Debatte und von wem?
  • Blinde Flecken“ der Debatte: Bei welchen Kriterien liegen die politische Debatte und aktuelle Umsetzungen besonders weit auseinander und besteht dementsprechend ein hoher Handlungsbedarf (z.B. in Definition von Parameter zur Quantifizierung)? Welche Dimensionen werden noch nicht ausreichend diskutiert und in Regulierungsansätzen integriert?

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Bildrechte (Foto oben):
Photo credit: Maurizio Di Pietro / Climate Visuals Countdown

Kontakt
Öko-Institut e.V.
Projektleitung: Susanne Krieger, Christoph Heinemann
E-Mail: s.krieger[at]oeko.de
Laufzeit: 10/2023 – 04/2024

Weitere Informationen – Arbeiten des Öko-Institut zu Wasserstoff und PTX: https://www.oeko.de/aktuelles/nachhaltiger-wasserstoff-die-vierte-saeule-der-energiewende